Vom sich suchen und finden in Goa ….und Menschen verlieren in Mumbai…

Goa ist anders – das wird schon nach wenigen Minuten im Auto Richtung Mandrem klar. Goa ist sauberer, aufgeräumter, westlicher als alles was wir bisher von Indien gesehen haben. Die Straßen teils betoniert und gekehrt, keine Bettler rechts und links der Fahrbahn…alles ist etwas gemäßigter – Indien light.

Marta und ich haben uns für den Rest unserer Reise für das „Ashiyana“ in Mandrem Beach entschieden. Ein kleines Yoga Resort, eine Ansammlung von Baumhäusern und Holzhütten inmitten von fast unberührter Natur. Die Küche mit ihrem riesigen Holztisch an dem sich morgens und Abends alle versammeln liegt open air unter hohen Palmen, das Zentrum bildet der große Yoga-Shala wo wir ab sofort zwei mal am Tag unsere Glieder recken und strecken werden. Es ist ein kleines Paradies fern ab von Trubel und Massentourismus und eine kleiner vorwitziger Frosch der es sich in unserer Kloschüssel bequem gemacht hat bildet unser Begrüßungskomitee. Der Strand, nur wenige Meter entfernt, scheint endlos und wir genießen unseren ersten Sonnenuntergang am Mandrem Beach.

Es ist dieser Ort der Stille an dem wir mitten in der Nacht von besorgten SMS unserer Freunde geweckt werden. Bombenanschläge in Mumbai… das Taj Mahal brennt… Gleich am nächsten Morgen machen wir uns auf ins nächste Dorf um einen Internetzugang zu finden… wir sind in Schock… und die ersten Bilder die wir sehen ist der brennende 6. Stock des Taj… Flammen die aus dem Fenster unseres Zimmers schießen. Wir versuchen sofort per Email Kontakt aufzunehmen zu allen neu gewonnenen Freunden in Mumbai und im Taj – aber es wird Tage dauern bis wir etwas von Ihnen hören. Die Vorfälle prägen unsere letzten Tage in Indien. Es ist eine stille Woche. Der Tag beginnt mit Yoga und dem Blick auf Meer und Wellen. Ab und zu schlängelt sich eine Kobra durch den Sand auf der Suche nach einem Versteck. Wir sind sehr bei uns, machen lange Schweigemärsche, denken nach… über das Leben… und überhaupt. Für die indischen Frauen die am Strand ihre Tücher verkaufen sind wir regelrecht Mitleid erregende Geschöpfe – über 30 und noch keine Kinder. Unvorstellbar für sie, die sie doch alle schon mit 14 geheiratet haben und jetzt mit 25 Minimum vier Kinder zur Welt gebracht haben – meist sind es sechs und mehr. Offiziell sind Marta und ich ab sofort zumindest verheiratet – sonst gründen sie noch eine Partnervermittlung für uns.

Die Woche in Goa ist befreiend… im Ashiyana ist Alkohol verboten, das Licht (wenn wir mal Strom haben) geht nach dem gemeinsamen Essen aus… ein letztes Buch bei Kerzenlicht oder Taschenlampe und uns fallen die Augen zu. Kurz vor unserer Abreise ist unser hehrer Plan, unnötigen Ballast voraus nach Deutschland zu schicken. Unser Übergepäck würde keine Airline der Welt mehr tolerieren. Und so tragen wir unser Hab und Gut, verpackt in einen Karton in dem gerade noch ein Heißwasserboiler zu Hause war, zum Schneider! Denn Pakete jeglicher Art müssen in Indien erst einmal in weißes Leinen eingenäht werden. Und so wird passgenau Maß genommen und nach einer Stunde können wir unseren jetzt weißen Schatz zur nächsten Post tragen. Hier hat man unseren Wunsch nach Luft Beförderung nicht ganz so ernst genommen. Vor einer Woche  – nachdem ich ehrlich gesagt nicht mehr an die Ankunft geglaubt habe – erreichte mich unser ehemals weißes Bündel…feucht, muffelig und über und über voll mit Briefmarken und dem prägnanten Schriftzug: SEA MAIL. Tja – ein Schiff braucht halt mal 3 Monate…

Aber das Leinentuch habe ich aufbewahrt – es riecht nach Indien. Einem Land, dass wir lieben gelernt haben. Ob es etwas mit uns gemacht hat? Sehr viel! Und wir wollen unbedingt zurück – zurück zu den unglaublichen Menschen die wir getroffen haben, zurück an die Strände, in die engen Gassen, die verdreckten Städte, zu den Kühen, Tempeln, Fröschen, Kobras und Ratten. Zurück zu den Farben, den Gerüchen und der Freundlichkeit die wir jeden Tag an egal welchem Ort erfahren haben. Und zurück ins Taj Mahal, das hoffentlich bald wieder in seinem alten Glanz erstrahlen wird. Um die Menschen zu treffen, die in diesen Tagen ihre Familien verloren haben – wie General Manager Karambir Singh Kang – ihre Kollegen und Freunde. Und um denen zu gedenken, die wir kennenlernen durften und die die Anschläge nicht überlebt haben. Indien ist ein Abenteuer der Sinne – aller Sinne! Und wir wollen unbedingt zurück!

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