Drei Tage Rock (am Ring)

Während mehrmals im Jahr am Nürburgring die Motoren röhren, ist ein Wochenende im Jahr dem guten alten Rock vorbehalten. Und mit ihm das Vergnügen von 120.000 Zuschauern, sich drei Tage lang im Schlamm zu suhlen und Hygiene einfach mal Hygiene sein zu lassen. Aber all das gehört zur Festival-Stimmung irgendwie dazu: campen auf der Nordschleife, duschen nur unter Vorbehalt, Flüssigkeitsaufnahme von innen und außen (nur selten hält das Wetter in der Eifel was man sich Jahr für Jahr wieder erhofft) und richtig guter handfester Rock auf gleich drei Bühnen. In diesem Jahr neu dabei: Public Viewing! Aber dazu später… Schon bei der Anreise trifft man auf die kuriosesten Gestalten rechts und links der Fahrbahn. Von wilden Verkleidungen bis hin zum Festival Einheitslook (schwarzes T-Shirt & Jeans) – in Karawanen macht sich das Festival-Volk auf zur größten Party des Jahres. Und während die Massen schon am Mittag um die besten Plätze vor der Hauptbühne kämpfen, dürfen die geladenen Gäste in bequemen Lounges erstmal das Buffet stürmen.

Glück hat, wer in den VIP-Bereich darf

Wer nicht aufs richtige Wetterpferd gesetzt hat, kann gleich vor Ort im Backstage Bereich Abhilfe schaffen – dort hat Diesel eine Mega-Umkleide-Lounge erschaffen und begrüßt im Minutentakt Shoppingwillige VIPs – ob Nathalia Avelon, Janin Reinhardt, die fetten Brote, Metallica, Simple Plan, die Stereophonics oder Sportfreunde Stiller – hier wechseln Jeans und Gummistiefel schneller den Besitzer als man gucken kann. Doch während all jene in zahlreichen Hotels der Umgebung nächtigen werden, treffe ich hinter der Bühne einen durchaus abenteuerlustigen Wilson Gonzales Ochsenknecht, der sich mit Zelt auf den Weg zum Ring gemacht hat. Auch wenn dieses im ruhigeren Innenbereich abseits der Massen steht – immerhin! Zwar sieht auch Wilson als Besitzer von 5000 VIP-Bändern und -Pässen ein wenig aus wie Wolfgang Petry, aber zelten, das wollte er sich nicht entgehen lassen.

Drei Jungs mit Kinderschlagzeug? Die Sportis!

Überhaupt gab es gerade abseits der Strecke viel zu entdecken. So konnten aufmerksame Festivalbesucher drei Jungs mit einem Kinderschlagzeug bestaunen, die für wenige Eingeweihte und Aufmerksame ein Unplugged-Konzert der anderen Art gaben: Die Sportfreunde Stiller. Und während MTV mit der Band Simple Plan die Campingründe auf der Suche nach dem dreckigsten Dixie Klo unsicher machte, machte ich mich auf zur Alternate-Stage um mit den Stereophonics, der Band Rooney und den wilden Jungs von Fair to Midland ein Pläuschchen zu halten. Unabdingbar in diesem Jahr: eine Runde Tischfußball im Backstagebereich! Denn auch hier war das EM-Fieber ausgebrochen. Während die Engländer und Amerikaner ihre Euphorie frei nach Sympathie verteilen konnten, war die Sache im deutschen Lager natürlich klar. Doch momentan interessierte alle viel mehr: Wird er es schaffen? Wird Pete Doherty seinen gerade wieder auf freien Fuß gesetzten kleinen Hintern rechtzeitig gen Eifel bewegen? Nun – sie können ja mal raten!! HaHa… Natürlich nicht!

Gut, dass es kein Riechfernsehen gibt

Als man am Nachmittag zum ersten Kontrollanruf ansetzte, hatte er gerade erst per Bus Paris verlassen…na das konnte ja heiter werden. Endlich, mitten in der Nacht am Ring angekommen, rannte der Gute wie ein Hamster im Laufrad mit Laptop unter den Arm geklemmt im Backstagebereich auf und ab. In diesem Moment war ich froh, dass Riechfernsehen immer noch eine Zukunftsvision ist… sonst hätte ich auf diese Aufnahmen verzichtet. Und so wurde kurzerhand aus dem Headliner „The Verve“ die „Babyshambles“… die noch fröhlich verwirrt und definitiv nicht im Vollbesitz all ihrer Sinne bis um vier Uhr in der Früh das Festivalpublikum erheiterten. Erheiternd war dann auch das Wetter am letzten Tag! Sonne! Endlich! Es ging dem Höhepunkt zu… und der körperliche Verfall bei der Mehrheit der feiernden und auch arbeitenden Zunft ließ sich nicht mehr weg diskutieren. Während das Festivalpublikum sich schon am Mittag in Aggregatzuständen befand, die Interviews auf dem Gelände fast unmöglich machten (NEIN, ich möchte deine bestes Stück nicht sehen, und NEIN, du darfst mit 5 Promille auch nicht ins Fernsehen!!!), befand sich der Backstagebereich in heller Fußballvorfreude.

Viel Müll, wenig Schlaf, viel Gestank und glückliche Gesichter

Tote Hosen Frontman Campino humpelte mit Gipsbein fröhlich vor sich hin und drückte wohl innerlich die Daumen, dass die deutsche Nationalmannschaft es nicht verbocken würde. Auch wenn das Punker-Herz eigentlich für England schlägt (und schlechte Leistung des Teams für sein gebrochenes Bein verantwortlich sind… so ein „Unfall“ kann echt auch nur Jungs passieren!), so wäre ein Auftritt nach einem verlorenen Spiel wohl nicht die beste Voraussetzung für ein gut gelauntes Publikum gewesen. Aber was soll man sagen: Die Sportis heizten die Massen an, 120.000 Besucher durften gemeinsam beim Public Viewing an der Hauptbühne ein grandioses Spiel erleben, und die Toten Hosen machten den Deckel zu! Und wer glaubt, dass man mit Gipsbein nicht auf das Dach der größten Bühne überhaupt klettern könnte, der hatte Campino mal so richtig unterschätzt. Und so gingen drei Tage Rock am Ring mit wenig Schlaf, guter Musik und vielen tollen Leuten zu Ende. Zurück blieb viel, viel Müll… viele, viele übelst riechende Dixie-Klos… der ein oder andere Festivalbesucher, den die Polizei schlafend aus diversen Gräben neben der Fahrbahn ziehen musste… und viele, viele glückliche Gesichter.

Na dann bis nächstes Jahr!

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